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Grünfutter sammeln - aber richtig

 

Wenn im Frühling die ersten zarten Pflanzen aus der Erde sprießen, beginnt wieder die Zeit, in der Kaninchenhalter frisches Grünfutter für ihre Tiere holen. Für alle, die noch keine Erfahrung mit dem Sammeln von Futterpflanzen haben, hier eine kleine Anleitung.

Sammelstellen finden
Wer einen eigenen Garten mit vielen Wildkräutern hat, braucht sich um die geeignete Sammelstelle keine Gedanken zu machen. Hier können sich die Kaninchen ruhig selbst versorgen, solange der Garten entsprechend abgesichert ist oder aber man bringt ihnen das Futter nach drinnen.
Will man draußen in der Natur Grünfutter pflücken, sollte man sich vorher darüber informieren, wo man die besten Sammelstellen finden kann und ob es sich eventuell um Privatbesitz oder ein Naturschutzgebiet handelt. In Naturschutzgebieten darf man keinerlei Pflanzen entfernen, auch "Un"-Kraut ist dort geschützt! Grünfutter pflücken ist dort streng verboten! Ist die Sammelstelle Privatbesitz (Viehweiden, Nachbars Garten), sollte man den Besitzer um Erlaubnis fragen.
Am besten man sucht sich Wildwiesen, auf denen man ungestört Futter holen kann. Auch Wälder und Flussufer bieten oft eine reiche Auswahl an Gräsern und Wildkräutern. Kartendienste im Internet können einem bei der Suche gute Dienste erweisen. Aber besser ist es, sich die Wiese einmal persönlich vor Ort anzuschauen (vielleicht sogar während einer Kräuterwanderung mit einer ortkundigen „Kräuterfrau“). Bei diesem ersten Besuch kann man sich einen groben Überblick über die dort wachsenden Pflanzen verschaffen, unbekannte fotografieren und bestimmen (lassen) und einige bereits bekannte Arten zum Anfüttern mitnehmen.

Durch die Pflanzenzusammensetzung einer Wiese lässt sich viel über deren Qualität sagen. Kommen auf einer Wiese hauptsächlich Gräser, Löwenzahn, Bärenklau, Klee und Hahnenfuß vor, handelt es sich um eine sogenannte „Fettwiese“. Diese wird oft regelmäßig gedüngt (entweder durch den Bauern oder durch natürlich Stickstofflieferanten wie Flüsse oder Teiche) und ist daher sehr nährstoffreich. Im Gegensatz dazu ist auf Magerwiesen die Pflanzenzusammensetzung vielfältiger und „bunter“, aber relativ nährstoffarm.
Hat man als Kaninchenhalter die Wahl zwischen verschiedenen Wiesenformen, sammelt man am besten querbeet, wobei die Pflanzen der Magerwiese überwiegen sollten.

Umstellung
Junge Pflanzen sind besonders proteinreich. Bekommen Kaninchen plötzlich große Mengen davon, kann es passieren, dass sie zu viel davon fressenn und Verdauungsprobleme bekommen. Deshalb ist es wichtig, langsam von Winter- auf Sommerfütterung umzustellen. Das klappt am besten, je zeitiger man damit anfängt. Wenn noch nicht viel wächst, gerät man gar nicht erst in Versuchung, viel zu sammeln.
Neben den ersten Pflanzen sollte man immer noch Heu und Gemüse anbieten, sodass sich die Kaninchen aussuchen können, was sie fressen wollen. Irgendwann werden sie von sich aus auf Grünfutter umsteigen und kein Gemüse mehr wollen.

Wann man sammeln gehen sollte
Um welche Uhrzeit man pflücken geht, hängt vom Wetter und der Jahreszeit ab. Im Frühjahr ist der frühe Vormittag, wenn der Tau getrocknet ist oder der späte Nachmittag am geeignetsten. Im Sommer kann es vormittags schon zu warm sein, bei starker Sonneneinstrahlung erwärmt sich das gepflückte Grün während des Transportes rasch und gärt. Im Sommer sollte man deshalb die kühlen Abendstunden nutzen. Wer keine Angst vor (tau-)nassen Schuhen hat, kann natürlich auch früh morgens sammeln gehen.

Bestimmungsbücher
* Fleischhauer, Steffen Guido: Essbare Wildpflanzen : 200 Arten bestimmen und verwenden. AT Verlag, 2007. ISBN: 3-03800-355-9

* Blumen : einfach und sicher bestimmen. Gräfe und Unzer Verlag, 2005. ISBN: 3-7742-6638-7

* Kremer, Bruno K.: Essbare und giftige Wildpflanzen. Ulmer Verlag, 2010. ISBN: 978-3800153442

Was man sonst noch braucht
- Stoffbeutel, Weidenkorb, Klappbox o. Ä. (je nach Menge)
- Handschuhe, vor allem für Brennnessenln
- ggf. eine Gartenschere oder ein Messer
- festes Schuhwerk

 

Mögliche Gefahren
Krankheiten: Man kann nie sicher sein, dass die Sammelstelle, die man sich ausgesucht hat, kein Wildkaninchenrevier ist. Deshalb ist die Gefahr der Krankheitsübertragung immer gegeben. Gegen die Chinaseuche (RHD) und Myxomatose gibt es zwar Impfungen, diese bieten aber leider keinen 100%igen Schutz. Aufgrund der Ansteckungsgefahr bei RHD und Myxomatose auf Wiesenfütterung gänzlich zu verzichten, ist für mich keine Option. Beide Krankheiten kann man sich auch durch gekauftes Gemüse einschleppen. Gerade RHD hat zahlreiche Übertragungswege, zum Beispiel Heu, Schuhe, die eigene Kleidung, Gemüse oder Stroh.

Insekten: Insekten sind wohl eher für den Halter ein Problem als für die Kaninchen. Da man sich aber auch Zecken über das Grünfutter ins Haus holen kann, sollte man es einige Zeit ausgebreitet auf einer glatten, hellen Fläche liegenlassen, bevor man es verfüttert. So können die Insekten "flüchten" und man kann sie später gezielt einsammeln.

Dünge- und Spritzmittel: Chemischer Dünger und Spritzmittel werden vorrangig im Frühjahr auf bewirtschafteten Feldern verwendet. Ein Zeichen für gespritzte Äcker ist unnatürlich gelb verfärbtes Gras und fehlende Kräuter. Helle Kügelchen auf den Feldern ist Blaukorn, ein Dünger, der giftig für Tiere ist. Äcker sind deswegen keine guten Sammelstellen und man sollte lieber auf andere Stellen ausweichen.

Blattkrankheiten: Einige Pflanzen, wie zum Beispiel Löwenzahn und Topinambur sind vor allem im Herbst oft von Mehltau befallen und auch Malvenrost und ander Blattkrankheiten breiten sich zu dieser Jahreszeit besonders aus. Augenscheinlich kranke Pflanzen sollte man gleich stehenlassen. Sie sind als Kaninchenfutter nicht mehr geeignet!


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