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Nahrung wilder Kaninchen (Zitate aus der Literatur)

 

„Von den Feldfrüchten bevorzugt das Kaninchen besonders junge Saaten, Klee, Lupine, Serradella und Esparsette, ferner reifes Getreide , Rüben, Mohrrüben, Raps, Kartoffeln und junges Kartoffelkraut. Auch Weinreben, Zierpflanzen und Stauden aller Art werden genommen. Daneben werden allerlei Wildpflanzen verzehrt, die im einzelnen noch wenig bekannt sind. […] Entgegen der allgemeinen Ansicht ist das Wildkaninchen bei der Nahrungsaufnahme sehr wählerisch, wenn ihm eine genügende Auswahl zur Verfügung steht.“

„Das Kaninchen bedarf abwechslungsreicher und saftiger Nahrung, zumal sein Wasserverbrauch hoch ist. Dieser beträgt nach BUBENIK am Tag etwa 160 – 180 cm3. Es wird zu überwiegenden Teil durch den Wassergehalt des Futters gedeckt.“ 1

 

„Nur durch Überweidung, Trockenheit oder Vegetationsruhe (Winter) bedingte Mangelsituationen veranlassen das Wildkaninchen zum Verzehr trockener oder abgestorbener Grünpflanzen, von Wurzeln und verholzten Trieben.“ 2

 

„Im Vergleich zum Hasen ist das Wildkaninchen aufgrund eines kleineren Aktionsradius ein Nahrungsgeneralist (CHAPIUS 1990). Je nach Region und Saison bestehen große Unterschiede in der Nahrung. Allgemein bevorzugen Kaninchen Gräser und dicotyle Pflanzen (ROGERS et al. 1994), wobei Gräser in der Regel den Hauptanteil der Nahrung ausmachen.“

Regionale Nahrungsspektren:

Deutschland:

Gehölze (nach Lincke):
Populus tremulus, Quercus rubra, Fagus sylvatica, Betulus, Ulmus, Tilia, Salix, Picea, Strobus, Abies, Pinus, Quitte, Mispel, Apfel, Birne, Kirsche
“Kumerloeve (1956) berichtet über den Verzehr von Pilzen.”

Großbritannien:

Festuca rubra (bevorzugte Fraßpflanze)
Gemieden werden: Ammophila arenaria, Carex arenaria, Poa pratensis und Dicranum scoparium

Frankreich:

Frühjahr – Sommer: hauptsächlich Gräser (Getreide, Mais)
Winter: Rubus spp. und Baumrinde

Hecken: Gräser (Roggen, Weizen, Mais, Gerste), Brombeere, Efeu, Raps

Heide:              Ginster, Heidekraut, Moose, Gräser

„Nach ROGERS (1979) spielen acht Pflanzen für 86% der Nahrung eine Rolle: im Winter: Atriplex, Halimione, Arthrocnemum, im Frühling: Trifolium, Medicago, Melilotus, im Sommer: Agropyrom. Bromus wird über das ganze Jahr gefressen.“

Spanien:

zwischen Busch- und Marschland: Gräser
Sanddünen: Stängel, Blätter, Früchte
Buschland: Triebe von Stauracanthus genistoides, Halimium halimifolium und Juniperus phoenicea

„In Portugal nutzen Wildkaninchen bei saisonal und räumlich abnehmender Qualität von Gräsern und Kräutern die Eicheln von Quercus ruber und Quercus rotundifolia als Nahrung. (MARTINS et al. 2002)“

„Wildkaninchen können den Nährwert, Wasser- und Salzgehalt von Pflanzen und Pflanzenteilen unterscheiden. […] Jahreszeitliche, klimatische und geographische Unterschiede im Nährwert der Vegetation können Kaninchen durch die Menge und Art der aufgenommenen Nahrung regulieren.“ 3

 

„Über die Nahrungswahl der Kaninchen sind wir durch eine Reihe von Untersuchungen gut unterrichtet. Daraus geht hervor, daß die Tiere „generalistische“ Pflanzenverzehrer sind. Überwiegend beweiden sie Kräuter und Süßgräser, der unterschiedlichsten Arten, je nach Standort, auf dem die Pflanzen gedeihen. Selbstverständlich nutzen sie auch die Bestände der Kulturpflanzen, vor allem die Getreidearten, oder auch Rüben, Kohlsorten und anderes mehr. Besonders im Winter bleiben auch Gehölze nicht verschont, von denen sehr gern die Knospen und Triebspitzen genommen werden. Zum anderen nagen aber die Tiere mit ihren scharfen Schneidezähnen die Rinde von den Stämmen und erreichbaren Zweigen. In Obstanlagen oder auf Forstkulturen können so gelegentlich beträchtliche Schäden entstehen. Keineswegs beschränken sich die Kaninchen aber auf die Laubgehölze; auch von den Nadelhölzern wie Kiefern und Fichten zehren sie.
Insgesamt sind Kaninchen „Nahrungsopportionisten“; sie handeln nach der Zweckmäßigkeit. Bei genügendem Angebot an Nahrungspflanzen und nur geringem Wettbewerb mit anderen größeren pflanzenverzehrenden Tieren bevorzugen sie die zweikeimblättrigen Kräuter, eine verstärkte Aufnahme von Gräsern, Kulturpflanzen und Gehölzen ergibt sich in Anpassung an die örtlichen Verhältnisse.
Bedeutsam bleiben die in der Nahrung enthaltenen „sekundären“ Pflanzeninhaltsstoffe. Solche werden entweder bevorzugt oder aber gemieden, sofern sie unverträglich wirken. Um Mangelerscheinungen oder die Anreicherung von schädlichen Stoffen zu vermeiden, sucht das Kaninchen die vielseitige Ernährung. Es vermag jedoch auch bei einer gewissen Einseitigkeit der Nahrung zu bestehen.“ 4

 

„Von den Kulturpflanzen wurden Bohnen und Luzerne schwer heimgesucht, besonders durch Jungkaninchen. Offenbar brauchen Jungtiere eine eiweißreiche Nahrung. Die Wintersaaten wurden flächenweise schwer beschädigt, was ja auch aus anderen Ländern bekannt ist. Bereits Anfang Oktober begann das Befressen des Wintergetreides. Zucker- und Futterrüben und Kartoffeln wurden meist im Spätsommer bei Dürre und Wärme benagt, z. T. sogar ausgegraben. Die Kaninchen suchten dann vermutlich eine wasserreiche Nahrung. Im allgemeinen war der Schaden an Kulturpflanzen auch bei hoher Kaninchenzahl nur in unmittelbarer Nähe des Waldrandes, meist nicht weiter als bis 50 m von demselben entfernt, erheblich.

Bei der Besprechung der wildwachsenden Pflanzen sind  einige Tatsachen zu erwähnen.

  1. Besonders spärlich waren die Gräser in der Nahrung der Kaninchen vertreten, was jedoch durch Kulturgräser (Getreidearten) ausgeglichen sein könnte.
  2. Die Mehrheit der Pflanzen, besonders jedoch der beliebten, wird von schädlichen Unkrautarten gebildet.
  3. Besonders beliebt waren die Distelarten (Cirsium, Carduus), die bekanntlich eiweißreich sind. So enthält Cirsium arvense bis 22% Eiweiß. Diese Pflanzen werden auch gern von Nagetieren (wie z. B. Ziesel, Feldmaus) genommen
  4. Beinahe die Hälfte der gefressenen Pflanzenarten waren Heilpflanzen oder ölhaltig, aromatisch, bitter usw. Hier sei besonders auf Chenopodium album hingewiesen, dessen Öle eine wurmtötende Wirkung haben. Insgesamt sind 46% der Pflanzenarten, die in der Tabelle aufgeführt sind, Heil- und Gift- bzw. ölhaltige und bittere Pflanzen.“ 5

 

„Das Wildkaninchen ist ein Kulturfolger. Es zählt zu den generalistischen Pflanzenfressern. Bei der Wahl der Nahrung verhält es sich opportun. Es beweidet vor allem die verschiedensten Arten von Kräutern und Süßgräsern (Poaceen). Letztere können bis zu 2/5 seiner Nahrung ausmachen. Der Rest setzt sich aus Grünpflanzen aller Art zusammen. Dabei nutzen sie auch sämtliche Arten von Kulturpflanzen wie Rüben, verschiedene Kohlsorten, Getreide und Mais. Junge Getreideansaaten, Klee, Lupine, Kartoffeln und sogar Weinreben stehen außerdem auf seinem Speisezettel. Im Winter kommen noch Gehölze dazu. Dann wird der fehlende Grünpflanzenanteil, der immerhin bis zu 3/5 der Nahrung ausmachen kann, durch das Verzehren von Knospen, Triebspitzen und Rinden ersetzt. Dabei machen die Wildkaninchen keinen Unterschied zwischen Hart- und Weichhölzern, Nadel- oder Obstbäumen. Auch die Wurzeln ihrer Nahrungspflanzen werden ausgegraben und gefressen. Die gepflegten, kurz geschorenen Zierrasen der Gärten und Parks bieten den Wildkaninchen darüber hinaus eine vorzügliche Nahrung. Sie bevorzugen nämlich eine überwiegend eiweißhaltige Kost. Diese finden sie in den gut gedüngten und in dauerndem Wachstum befindlichen Rasenpflanzen reichlich vor. So profitieren sie heutzutage von der Überdüngung unserer Landschaften. Ihr täglicher Nahrungsbedarf beträgt rund 1/12 ihres Körpergewichts. 5 bis 7 Wildkaninchen fressen etwa so viel wie ein Schaf (Boback 1970, Angermann 1972, Homolka, 1985, Schneider 1987, Allgöwer 1990).“ 6

 

„Im Untersuchungsgebiet bei Weißenfels werden neben Obstgehölzen vorwiegend Eschen verbissen. Im Winter 1983/84 wurden relativ viele Bäume dieser Art geschält (STEPHAN in litt.). Des weiteren konnten oft Reste von Süßgräsern im Maul erlegter Tiere vorgefunden werden.

ÜBERFELDT et. al. (1987) untersuchten an einer Kolonie Wirkungen auf umliegende Biotope wie Gärten, Weinberge und ein Getreidefeld. So reichte der Äsungseinfluß bis zu ca. 5 m in dieses Feld hinein. UNRUH (1987) erwähnte einen abgefressenen Luzerneschlag im Kreis Zeitz. In einem Maisschlag im Saalkreis umfaßte die Äsungszone 20  - 30 m Breite.

Folgende Gehölzarten wurden nahe der Kolonie verbissen: Sauerkirsche, Apfel, Pflaume, Hundsrose, Hagebutte, Hartriegel, Weißdorn, Haselnuß, Schwarze Johannisbeere, Eberesche und Holunder.

In einem Weinberg wurden neben den Stämmen der Weinreben vor allem deren Augen abgeäst. Die Weinbauern pflanzten dort Winterraps und Winterroggen an und legten abgeholzte Pappeln bzw. deren Äste in der Nähe aus. Diese Maßnahmen führten zu einer erfolgreichen Futterablenkung, während Weizen- und Gerstenstroh nicht angenommen wurde.

Im benachbarten Garten waren Weinreben, Rosen, Stachelbeeren, Schwarze und Rote Johannisbeeren, Aprikosenbäume, Erdbeeren, Apfelbäume und Holunder verbissen.

Mageninhaltsanalysen einiger Tiere aus dem Zeitraum von März bis November 1986 erbrachten die in Tab. 16 zusammengefaßten Durchschnittswerte. Diese von STERNKOPF in Halle durchgeführten Untersuchungen bedürfen einer weiteren Präzisierung und Kommentierung.

Tab. 16: Mageninhaltsstoffe in % der Trockenmasse von Kaninchen der Weißenfelser Population (nach STERNKOPF, MLU Halle)

Stoff                            Weibchen (n= 9)                     Männchen (n=9)          Gesamt (n= 18)

Trockenmasse %         91,82                                      92,02                          91,92

Zellulose                      18,26                                      16,34                          17,30

Glukose-Äquivalente    3,71                                        3,43                            3,57

Rohasche                     9,85                                        10,45                          10,15

Gesamtstickstoff          4,85                                        4,31                            4,58

Rohprotein                   30,31                                      26,81                          28,86

Untersuchungen zur Ernährung des Wildkaninchens gibt es in unserem Raum relativ wenige. KÖPP (1965) berichtet ausführlich über Schäden in der Forst- und Landwirtschaft. Danach werden sowohl Laub- als auch Nadelholzsorten verbissen. Nach LINCKE (in KÖPP 1965) werden in abnehmender Reihe bevorzugt:  Populus tremulus, Quercus rubra, Fagus sylvatica, Betulus, Ulmus, Tilia, Solix, Quercus; bei Nadelhölzern: Picea, Strobus, Abies und Pinus. Andere Reihen zeigen regionale Unterschiede. Bei den Obstgehölzen nennt KÖPP (1965) Quitte, Mispel, Apfel, Birne und Kirsche, ausgelegte Obstbaumreiser wurden im Winter meist gänzlich weißgeschält. Die im Bezirk Halle gemachten Beobachtungen stehen widerspruchsfrei zu diesen Darlegungen. In Großbritannien wurden umfangreiche Studien zu auftretenden Schäden angefertigt. Diese Schäden sind wirtschaftlich erheblich, hohe Getreideverluste und eine Nahrungskonkurrenz zu den Weidetieren traten auf. Letzteres führte zu verringerten Zuwachsraten (um 20%). Nach 2 Jahren Kaninchenäsung sank die Gesamtgrasmasse um 27%. In Thüringen mußten im Saaletal Getreide- und Gemüseernte zu Beginn unseres Jahrhunderts zeitweilig ausgesetzt werden (KÖPP, 1965).“ 7

„In unterschiedlicher Weise wurden die einzelnen Orchideen geschädigt. So nehmen die Kaninchen die Blätter der Ophrys insectifera, hingegen die Blütenknospen von Listera ovata und Cephalanthera damasonium, Blätter und Blütenknospen der Orchis macula. Die spätblühende Coeloglossum viride wurde weniger tangiert, da zu der Zeit ein reiches Angebot anderer Äsungspflanzen zur Verfügung steht.

Eine Anzahl weiterer Orchideen wurde noch 1961 in Wales gefunden, die schon im folgenden Jahr nicht mehr vorkamen. Auch andere Blütenpflanzen wurden hauptsächlich nur während der wenigen Jahre ohne nennenswerte Kaninchenvorkommen gefunden, z.B. Helianthemum chamaecistus, Primula veris und Pulsatilla vulgaris. Chrysanthemum leucanthemum und selbst Bellis perennis waren vorher von den Kaninchen sehr zurückgehalten worden.“

„Ist das Kaninchen bei einem üppigen und breit gestreuten Nahrungsangebot auch sehr wählerisch, so werden in Zeiten allgemeiner Nahrungsverknappung fast alle vorkommenden Pflanzenarten mehr oder weniger geschädigt, daß dabei Eigenschaften, wie z.B. ein starker Rindenschutz, Verholzung, das Tragen von Haaren, Stacheln oder Dornen sowie ein als unangenehm empfundener Geruch oder Geschmack bis zu einem gewissen Grade schützend wirken können, sei nur kurz bemerkt, jedoch lassen sich  nur schwerlich Gliederungen nach diesen Gesichtspunkten vornehmen, denn es werden immer wieder Ausnahmen beobachtet (z.B. an Urtica dioica).“

„Beobachtungen von KUMERLOEVE auf Amrum und anderen Inseln sprechen von der Aufnahme zahlreicher Pilzarten durch Kaninchen.“

„Geschädigt werden vor allem: Fichte, Strobe, Tanne, Kiefer, Lärche und Douglasie. Auch Laubholzpflanzen werden hauptsächlich im Winter und Frühjahr verbissen und benagt. […] Neben dem Abschneiden der Triebe, Blätter und Nadeln, dem Ausscharren und Ausreißen wird die Rinde selbst stärkerer Stämme benagt. Ähnlich wie beim Schälen des Schalenwildes wird sie dabei angenagt oder abgerissen und als Nahrung aufgenommen. Dieser Schaden tritt besonders heftig im Winter bei Schneelage auf und kann den Stammfuß und u. U. auch höher hinauf betreffen. Fast alle Holzarten werden befallen, und der Eingriff der Nagezähne reicht tiefer, als bei gleichem Schaden des Hasen.

Das Schälen geschieht in der Regel an dünnen Stämmchen bis etwa 5 cm Durchmesser und an den nahe des Bodens befindlichen Zweigen (LINCKE, 1943). […] Die von LINCKE erwähnte besondere Anfälligkeit der Akazie gegen Kaninchenverbiß wird auch durch anderes Wild bestätigt, während die Hainbuche vor allem im Einzelstand verbissen wird, allerdings auch vortrefflich ihre Wunden ausheilt. […] Viburnum und Lonicera werden kaum befallen, die Felsenbirne nur selten, der Wildapfel dagegen fast immer. Auch Prunus serotina wird geschädigt, vermag die Schadstellen jedoch gut auszuheilen. […]
Die Ursache des Schälens läßt sich nicht nur im Mangel anderer Nahrung sehen, denn dieser Schaden wird auch dann beobachtet – z.B. in England – wenn noch kein Schnee gefallen ist bzw. noch ein ausreichendes Angebot anderer Pflanzen zur Verfügung steht. Ein Massenschaden dieser Art tritt allerdings in der Regel nur in strengen Wintern auf.“

„In Rübenfeldern werden vor allem die jungen Blätter aufgenommen. Auch hier kommt es bei dichten Besätzen häufig zu Totalschaden innerhalb kürzester Zeit. Im Spätherbst sind Mohrrüben sehr begehrt und im Winter die Rapsfelder. Sogar auf Kartoffelfeldern treten Kaninchen schädigend auf, wenn sie – besonders in Dürreperioden wie 1959 – junges Kartoffelkraut äsen, Saatkartoffeln auskratzen und sogar reife Kartoffeln annehmen.“

„Im Jahre 1963 wurden in je einem unter mäßiger, mittlerer und starker Kaninchenäsung leidenden Getreidefeld Wintergerste, Winterroggen und einer Mischsaat aus Roggen, Hafer und Gerste (1:1:1) je 2x2 m große Flächen mit einem Sechseckgeflecht kaninchendicht gegattert. Alle Schläge grenzten an Kieferndickungen (Pinus silvestris), die mit geringem Kaninchenbesatz an eine dichte Schlehdornhecke (Prunus spinosa) an einen Hohlweg. In allen Fällen wurde bald nach Auflaufen der Saat der typische Schadstreifen entdeckt, wiederholt konnten Kaninchen beobachtet werden, und fast immer war reichlich Losung vorhanden.

Regelmäßige Messungen der Getreidehöhe haben ergeben, daß auf dem Feld mit nur geringem Kaninchenbesatz nur auf den ersten 4-5 m ein meßbarer Äsungsschaden auftritt. Die ersten 3 Getreidereihen oder ca. 35 cm fruktifizieren gar nicht, die folgenden tragen nur wenige, kümmernde Ähren. Dem geringen Kaninchenbesatz mußte diese Äsungsfläche genügt haben, denn es wurde weder Losung im übrigen Feld gefunden, noch konnten später Pässse entdeckt werden.

Der Schadstreifen bei mittlerer Kaninchendichte zeigten bei 6-7 Getreidereihen oder fast einem Meter einen Totalschaden. Bei einer Feldlänge von 100 m wären allein 100 m2 völlig geschädigt. Auch konnte hier reichlich Losung im Feld gefunden werden, und viele Pässe zeugten vom nächtlichen Aufsuchen entfernterer Äsungsplätze. An zwei Stellen hatten die Kaninchen versucht, unter dem oben erwähnten, eingegrabenen Versuchsgatter hindurchzukommen, obwohl auch sonst ein ausreichendes Nahrungsangebot zur Verfügung stand. Der an die 6-7 ersten Getreidestreifen anschließende Schadstreifen reichte hier unterschiedlich weit ins Feld. In der Nähe der Baue bildeten sich Äsungsausbuchtungen, die auch beim reifen Getreide noch zu erkennen waren. Eine Ausmessung regelmäßiger geometrischer Figuren führt hier bei einer Schadensfestsetzung nicht mehr zum Ziel.

Noch weiter reichte der Äsungseinfluß auf dem Feld mit hoher Kaninchendichte. Da die Tiere hier von zwei Seiten aus angrenzenden Kieferndickungen auswechseln konnten, reichte der Schaden entsprechend weit auf den Schlag. 4 – 5 m wiesen jeweils Totalschaden auf, während die zur Reife kommenden Ähren der anschließenden Fläche später abgeschnitten und aufgenommen wurden. In diesem Fall wurden die englischen Durchschnittsverluste übertroffen und fast Extremwerte erreicht, die eine Ernte auf 1/3 des 1,5 ha großen Feldes nicht lohnten, auf der übrigen Fläche konnten dagegen normale Erträge erzielt werden.“ 8

 

„Bereits während der Pilzzeit in den Jahren 1948 bis 1951 hatte ich in den Dünentälern mehrfach Boviste (Lycoperdon) zum Eigenverbrauch gesammelt, die wie angefressen aussahen, ohne aber Kaninchen beim Fressen überraschen zu können. Umso besser gelang dies im IX 54. Deutlich war im Feldstecher zu beobachten, wie die zwischen den verhältnismäßig zahlreichen Bovisten umhersitzenden und hoppelnden Kaninchen an den Fruchtkörpern knabberten. Meine Frau zählte am 23. IX 54 unter 168 beieinander stehenden Bovisten nur wenige, die nicht mehr oder minder angefressen waren. Manche waren bis auf geringe Stielreste abgeäst. Nur diejenigen mit deutlich verfärbter Sporenmasse schienen im wesentlichen übrig geblieben zu sein. Hingegen waren mehr oder minder benachbarte Schwindlinge (Marasmius) und einige weitere Lamellenpilze unangetastet gelassen worden. Ob und gegebenenfalls inwieweit Nahrungsknappheit die Kaninchen Amrums veranlaßt, Boviste anzunehmen, kann derzeit nicht gesagt werden.“ 9

 

„Auch beim Wildkaninchen lassen die Röhrlinge mit 20 Angaben die Agaricaceae (6 Angaben) weit hinter sich. Die Verteilung ist ziemlich die gleiche und nennt Steinpilze und Maronenröhrlinge sowie – wenn man beide „Arten“ zusammen betrachtet – Ziegenlippe/Rotfußröhrling mit je 5 Angaben auf den ersten Plätzen. Manche Beobachter halten die Ziegenlippe für besonders beliebt. Bei den Blätterpilzen verdient erneut der Fliegenpilz Hervorhebung (Walter), aber auch der Perlpilz wird gelegentlich angenommen (Martin). Von den Mäusen abgesehen, findet nur hier der Hasenbovist Erwähnung (Dr. Halisch). Daß Wildkaninchen Boviste verzehren, hatte ich bereits auf Amrum feststellen können.“
[Fußnote:]
„Herrn M. F. v. Bergen-Zalewski (Bukavu, Belgisch-Kongo) verdanke ich den brieflichen Hinweis, daß Boviste homöopathisch als Heilmittel gegen Schwellungen, Epistaxis und Haemorrhagie benutzt werden, und daß entsprechend eine Wirksamkeit bei Myxomatose gegeben sein könnte.“ 10

 

„Die Äsung des Wildkaninchens besteht aus Pflanzenteilen sehr verschiedener Art. Im Wald schält und äst es sämtliche Holzarten. Bei den Feldfrüchten bevorzugt es besonders junge Saaten, Klee, Lupine, Serradella und Esparsette, reifes Getreide, Rüben, Mohrrüben, Raps, Kartoffeln und junges Kartoffelkraut. Auch Obstbäume, Weinreben, Zierpflanzen und Stauden aller Art werden angenommen.
Die Frage, ob auch animalische Nahrung aufgenommen wird, ist noch nicht restlos geklärt. Wie einige Beobachtungen ergeben haben, dürfte dies gelegentlich der Fall sein.“

„In der Forstwirtschaft entstehen Schäden durch Verbiß und Schälen, vor allem im Winter an jungen Kulturen, besonders an Fichte und Kiefer bis zu drei Jahre alt. Verluste verursacht das Kaninchen auch durch Ausscharren von Pflanzen und gekeimten Eicheln sowie durch unterwühlen und Übersanden der Pflanzen. Bedeutend kann der Schaden in Saat- und Pflanzkämpen sein, selbst bei mäßigem Kaninchenbesatz.

An landwirtschaftlichen Wintersaaten ist der Verbiß bedeutungslos, da die verbissenen Pflanzen im Frühjahr kräftiger nachwachsen. Bedeutend kann der Schaden in Rübenfeldern sein, auch an Getreide, das auf dem Halm steht. Bei stärkerem Besatz sind die Schäden etwa 50 m vom Kolonierand entfern zu erkennen; am Waldrand liegende Flächen sind besonders gefährdet.

Im Winter sucht das Kaninchen auch Gärten auf, wo es an Obstbäumen, Ziersträuchern und Stauden äst. Erhebliche Verluste können in Obstplantagen, Baumschulen und Weinbergen entstehen. […]
Schäden können durch Anlage von Wildäckern und Fütterung in Notzeiten weitgehend verringert werden. Bereits RÖRIG (1912) empfahl die Bestellung geeigneter Flächen für die Kaninchen mit Serradella, Spörgel, Buchweizen, Lupine und Hafer, die im Herbst freigegeben werden. ECKSTEIN (1917) hält Wildremisen aus Laubholz mit einzelnen eingesprengten Nadelhölzern für günstig. Zur Fütterung sind besonders Zweige und Äste verschiedener Baum- und Straucharten geeignet, die in der Nähe der gefährdeten Kulturen ausgelegt werden. Herumliegende Zweige werden von Kaninchen stehendem Holz gegenüber bevorzugt.“

„Im Winter ist die Fütterung angebracht, besonders bei hohem Schnee. Die Futterplätze sind dabei in großer Zahl auf das Revier zu verteilen, und man wählt hierfür trockene Plätze in der Nähe der Baue aus. Um Krankheiten zu vermeiden ist größte Sauberkeit an den Futterplätzen erforderlich, und Abfälle müssen täglich entfernt werden. Die Fütterungen werden vor Eintritt der Dämmerung beschickt. Als Futter kommen Heu von Gräsern, Klee, Serradella, getrocknetes Himbeerlaub und Brennessel, Rüben und Kartoffeln sowie Zweige in Betracht. Als Wurmbekämpfungsmittel werden Mohrrüben und Farnwurzeln empfohlen. […] Die Fütterungsperiode dauert von November bis März. SCHULZE (1965) schlägt für das Kaninchen auch Salzlecken vor, die in seinem Revier gern angenommen wurden.“ 11

 

„Sobald der Schnee den Boden bedeckt, beginnen die Kaninchen damit, das am Boden liegende Holz zu schälen, bald danach aber vergreifen sie sich auch an den stehenden Bäumen und richten nun in kürzester Zeit die unglaublichsten Verwüstungen an. Will man eine Reihenfolge der von ihnen bevorzugten Arten aufstellen, so können die Obstbäume, mit Ausnahme der Kirsche, und Akazien an die erste Stelle; daran schließen sich Wacholder, Weißbuche, Haseln, Esche, Faulbaum, Aspe, Rotbuche, Schwarzdorn, Weißdorn, Ahorn. Weniger häufig werden Birke, Hartriegel, Schneeball, Kirsche und Linde angenommen, und am seltensten findet man Schälschaden an Salweiden, Eichen, Elsbeeren, Ebereschen, Rosen und beim Schwarzen Holunder. Von der Kiefer schält es gewöhnlich nur die am Boden liegenden Zweige.“ 12



1 Boback, Alfred Willy: Das Wildkaninchen. Ziemsen Verlag, 1970

2 Schlolaut, Wolfgang: Das große Buch vom Kaninchen. 3., erw. Aufl. DLG-Verlag, 2003

3 Niethammer, Jochen und Krapp, Franz: Handbuch der Säugetiere Europas. Band 3/II Hasentiere. Aula-Verlag, 2003

4 Grzimeks Enzyklopädie Säugetiere. Band 4 Hasentiere. Kindler Verlag

5 Turcek, F.: Beitrag zur Kenntnis der Fraßpflanzen des Wildkaninchens, Oryctolagus cuniculus (Linne, 1758), in freier Wildbahn. In: Säugetierkundliche Mitteilungen. Heft 7, 1959

6 Braun, Monika und Dieterlen, Fritz: Insektenfresser (Insectivora), Hasentiere (Lagomarpha), Nagetiere (Rodentia), Raubtiere (Carnivora), Paarhufer (Artiodactyla). Die Säugetiere Baden-Württembergs, Band 2. Ulmer Verlag, 2005

7 Meyer, R. und Stubbe, M.: Untersuchungen an einer Population des Wildkaninchens Oryctolagus cuniculus (L., 1758) bei Weißenfels (Sachsen-Anhalt) In: Populationsökologie von Kleinsäugerarten. Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 1991

8 Köpp, Hans: Zur Ökologie des Wildkaninchens : mit besonderer Berücksichtigung seiner forstwirtschaftlichen Bedeutung in Europa. Dissertation. Forstliche Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen, 1965

9 Kumerloeve, H.: Kaninchen, Oryctolagus cuniculus (Linne, 1758) und Hasen, Lepus europaeus, Pallas, 1778, als Pilzfresser. In: Säugetierkundliche Mitteilungen, Heft 4, 1956

10 Kumerloeve, H.: Wildsäuger als Pilzverzehrer. In: Säugetierkundliche Mitteilungen, Heft 7, 1959

11 Boback, Alfred Willi: Das Wildkaninchen Oryctolagus cuniculus (L.) In: Buch der Hege. Band 1: Haarwild. 2. erw. und überarb. Aufl., VEB Deutscher Landwirtschaftsverlag, 1981

12 Rörig, G.: Wild, Jagd und Bodenkultur : ein Handbuch für den Jäger, Landwirt und Forstmann. Neudamm, 1912

 


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